Zwillingsfigur, 20. Jahrhundert
Zwillingsfigur aus rötlichbraunem Holz, das geglättet und mit rötlichem Ton eingerieben wurde. Die Kopfbedeckung ist helmartig und reich mit Kerbschnittmuster (Gitterschnitt in geometrischen Feldern) verziert. Auf Stirn und Wangen befinden sich kurze Strichnarben, am Körper und an den Armen reichlich Schmucknarben. Standsockel und Figur sind aus einem Stück gefertigt. Am Sockel ist ein Stück Holz ausgebrochen.
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Zwillingsgeburten gelten bei vielen Völkern als mysteriöses Ereignis, das meist negativ, als Zeichen von Unheil, seltener positiv interpretiert wird. Etwa zu Beginn des 20. Jahrhunderts werden Zwillinge bei den Yoruba als willkommenes Ereignis gesehen. Zwillinge bedeuten Glück und Reichtum für die Familie, während sie früher, wie bei anderen Westafrikanern, gefürchtet waren. Zwillingsfiguren, von Künstlern auf Bestellung geschnitzt, haben unterschiedliche Funktionen: sie können einen Zwilling "ersetzen", der im Kindesalter gestorben ist, können den Wunsch der Mutter nach Zwillingen verkörpern oder auch als Votivgaben dienen, die dem Zwillingsgott nach einer Zwillingsgeburt dargebracht werden. Wie richtige Kinder werden die Ibeji-Figuren gewaschen, gesalbt, gekleidet, gestreichelt und im Wickeltuch am Rücken getragen. Besonders auf alten Figuren sind die Spuren dieser liebevollen Behandlung deutlich erkennbar. Keine individuellen Porträts werden darstellt und auch keine Kinder, sondern Erwachsene, doch findet sich eine große Vielfalt an Typen und Regionalstilen. Autorin: Eva Gerhards