Franz Xaver Gräßel
Kinder mit Gänsen, 1887
Über das Objekt
Gräßel, auch „der Entenmaler“ genannt, stellt eine schnatternde Schar Gänse ins Zentrum des Geschehens. Das Mädchen streut den Tieren aus ihrer Schürze Futter zu, während der kleine Junge sich verängstigt an ihrem Rock festhält. Beim Versorgen der Tiere zu helfen, war auf einem Hof eine alltägliche Aufgabe der Kinder.
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Franz Gräßel zählte zu dem Kreis von Künstlern der Gutacher Malerschule, die von Wilhelm Hasemann in dem Schwarzwalddorf Gutach begründet worden war. Im Jahr 1890 zog Gräßel jedoch in das Umland von München, wo er schon einen Teil seines Studiums an der Kunstakademie absolviert hatte. Der Künstler spezialisierte sich insbesondere auf die Darstellung von allen möglichen Arten von Federvieh und wurde daher auch als der »Entenmaler« bezeichnet. In dieser stimmungsvollen Szene zeigt der Maler eine junge Frau mit einem Kind. Aus ihrer Schürze heraus verstreut das Mädchen Futter an herbeieilende Gänse. Das kleine Kind an der Hand des Mädchens schaut ganz verängstigt, offenbar jagen ihm die Gänse einen Schrecken ein. Die Gänseweide ist durch eine Bruchsteinmauer eingezäunt, die von einem Holzgatter verschlossen wird. Die Szene spielt an einem sonnigen Tag im Frühling, denn an der Bildseite ist ein Obstbaum dargestellt, der in voller Blüte steht. Im Hintergrund ist das gewaltige, überkragende Dach eines stattlichen Schwarzwald hofes zu sehen. Nach dem oft harten Winter war die wärmere Jahreszeit für die Menschen im Schwarzwald besonders wichtig, um genug Vorräte zu erwirtschaften. Auch wenn dieses Gemälde einen romantischen Blick auf das Landleben entwirft – die Realität der Menschen sah meist anders aus. Auf den Bauernhöfen des Schwarzwaldes war es selbstverständlich, dass Kinder wie dieses Mädchen frühzeitig bei der Arbeit halfen und wichtige Pflichten auf dem Hof übernahmen. Ohne den Einsatz der Kinder konnte die Arbeit auf den Bauernhöfen zur damaligen Zeit nicht bewältigt werden. Gerade beim Hüten und Versorgen der Tiere mussten sie regelmäßig helfen. Vor allem die Jungen blieben oft tagelang mit dem Vieh auf den Weiden und konnten deswegen häufig nicht zur Schule gehen. TILMANN VON STOCKHAUSEN