Wien

Reliquienkreuz ("Erstes Liebenauer Kreuz"), nach 1342

Über das Objekt

Wie aus einer Inschrift hervorgeht, war das kostbare Goldschmiedewerk für das Dominikanerinnenkloster Liebenau bei Worms bestimmt. Das als Lebensbaum gestaltete Kreuz enthält in seiner Mitte eine Kreuzreliquie. Scharniere erlauben es, das davor gesetzte Kruzifix wegzuklappen. Die emaillierten Tierdarstellungen der Rückseite versinnbildlichen den Opfertod, die Auferstehung und die Himmelfahrt Christi.
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Das kostbare, mit Email und edlen Steinen verzierte Goldschmiedewerk besteht aus zwei Teilen und konnte sowohl als Standkreuz wie auch als Vortragekreuz Verwendung finden. Vom 1342 auf der Pilgerfahrt nach Jerusalem verstorbenen Stifter, Graf Ludwig von Öttingen, war es dem Dominikanerinnen-Kloster Liebenau bei Worms zugedacht, in dem seine Schwester Irmengard lebte. Dafür sollte der am Wiener Hof wieder verehelichte Vater Sorge tragen, dem die hinterlassenen „Kleinodien“ seines Sohnes für die Fertigung des Kreuzes anvertraut wurden. So besagt es die Inschrift, die auf dem im Fußteil versenkten Dorn eingraviert ist. Mit seinen ausladenden Ästen, seinen Blättern und Blüten setzt das Kreuz die alte Vorstellung des Lebensbaums um, jenes in der Paradiesesmitte wurzelnden Baumes, aus dessen Samen der Legende nach das Holz für das Marterkreuz Christi erwuchs. Christus selbst wird als Erlöser der Menschheit das »lignum vitae« genannt. Auf einem separaten Kreuz ist er dem Lebensbaum-Kreuz appliziert und mittels Scharnieren verbunden. Dahinter sind Splitter vom ‚Heiligen‘ oder ‚Wahren Kreuz Christi‘ verborgen. Weitere Reliquien werden in zwei Kapseln unterhalb der Assistenzfiguren, Maria und Johannes, verwahrt. Nicht minder eindrucksvoll als die Hauptansicht ist die Rückseite der Goldschmiedearbeit. Emaillierte Darstellungen vertiefen unter anderem die Botschaft der Erlösung durch Tod und Auferstehung des Herrn auf eine allegorische Weise. Man erkennt den Pelikan, der seine Jungen mit dem eigenen Blute ernährt; den Löwen, der am dritten Tage seine Totgeborenen durch Gebrüll zum Leben erweckt; den Vogel Phönix, der sich im freiwilligen Feuertode verjüngt; und schließlich den Adler, der mit seinen Jungen bis zur Sonne empor fliegt. Nach der Reformation haben aus Liebenau vertriebene Schwestern das Kreuz mitsamt den seltenen Lederfutteralen nach Freiburg gebracht. (Detlef Zinke)

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