Benoît Audran

"Bon Voyage" (Gute Reise), 1727

Über das Objekt

Eindringlich redet ein junger Mann in Pilgerkleidung auf seine Geliebte ein: Möchte sie sich mit ihm nach Kythera, der legendären Insel der Liebe, einschiffen? Dieses Pilgerpaar kennen wir aus Watteaus berühmtem Gemälde "Le Pèlerinage à l’île de Cythère" (Einschiffung nach Kythera) - damals ein sehr beliebtes Thema in Literatur und Theater.
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Diese Graphik, die nach einem heute verschollenen Gemälde Watteaus angefertigt wurde, thematisiert die Pilgerreise auf die Insel Kythera, den symbolischen Ort der Liebe und der Galanterie. Dieser aus Literatur und Theater kommende Topos, der zu Lebzeiten des Malers sehr beliebt war, handelt von der griechischen Insel Kythera, einer der ältesten Kultstätten zu Ehren der Liebesgöttin Venus. Am Wegesrand flüstert ein Liebhaber in Pilgerkleidung (Pilgerhut mit Jakobsmuschel, am Boden Pilgerstab) seiner Geliebten etwas ins Ohr, als wolle er sie überreden, mit ihm an Bord des zum Auslaufen bereitliegenden Schiffes zu gehen, das in der Ferne zu sehen ist. Sie schlägt die Augen nieder und ist offenbar beschämt über seine galanten Worte. Dieses Pilgerpaar ist ein Detail aus dem berühmten Gemälde „Le Pèlerinage à l’île de Cythère“ (Einschiffung nach Kythera, Louvre, Paris), das Watteau 1717 als Aufnahmestück an der Akademie präsentierte und von dem er 1717/19 eine zweite, weiter ausgearbeitete Version anfertigte (SPSG, Schloss Charlottenburg, Berlin). Das kleine Bild, nach dem unser Blatt radiert wurde, stellte wahrscheinlich eine vorbereitende Studie für das Pariser oder Berliner Gemälde dar. Möglicherweise schuf der Maler es aber auch erst später auf Anfrage eines Sammlers. In den genannten Werken verlagert Watteau das literarische und theatralische Sujet der Pilgerfahrt nach Kythera in eine natürliche Umgebung. Kythera als Ziel der Reise wird hier zu einem utopischen und zeitlosen Ort ohne genaue geographische Verortung. Dort wandeln die Personen, gekleidet in elegante Gewänder oder Theaterkostüme - die Pilgerkleider scheinen direkt von den Stücken des Jahrmarkttheaters inspiriert zu sein -, in poetischer Stimmung und zeitloser Atmosphäre. Sie gehen dabei keiner anderen Beschäftigung nach als jener der galanten Konversation. „Le Pèlerinage à l’île de Cythère“ ist damit das erste Gemälde, dessen Sujet als „Fête galante“ bezeichnet wurde, eine Gattung, als deren Erfinder Watteau gilt. Text: Hélène Iehl Übersetzt aus dem Französischen von: Tamara Engert

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Literaturhinweise

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Tomlinson, Robert: La fête galante.. Watteau et Marivaux. Genf 1981, S. 196 S., 15 Bl. Abb. 8".
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Jullienne, Jean de: L'Œuvre d'Antoine Watteau peintre du roy en son academie roïale de Peinture et Sculpture. gravé d'après ses Tableaux & desseins originaux tirez du Cabinet du Roy & des plus curieux de l'Europe Par Les Soins de M. de Jullienne. Paris 1735.
Dacier, Émile ; Vuaflart, Albert: Jean de Jullienne et les graveurs de Watteau au XVIIIe siècle, Band III. Paris 1922-29, 35.
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