Unbekannt
1887 - 1919
Über das Objekt
Der erste Kontakt von Sāmoa mit der westlichen Welt bestand in sporadischen Besuchen von Strandguträubern in den frühen 1800er-Jahren. In den 1820er-Jahren trafen europäische Missionare ein, um das Christentum zu verbreiten. In den 1850er-Jahren folgten Kaufleute, darunter Johan Caesar VI Godeffroy. Seine Familie hatte in Hamburg ein Handelsimperium aufgebaut und war in ganz Westeuropa und auf den Westindischen Inseln tätig. Im Jahr 1857 wagte der deutsche Händler, Schiffs- und Werftbesitzer den Schritt nach Sāmoa und gründete in Apia die Firma J.C.Godeffroy & Sohn. Nachdem er die lokale Handelsszene und die Ressourcen, die Sāmoa zu bieten hatte, erkundet hatte, beschloss er, sich geschäftlich auf Kaffee, Zuckerrohr, Kokosnuss und Baumwolle zu konzentrieren.
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Für den neuen Handelsposten wurde Ackerland benötigt. Godeffroy, der in den inneren Unruhen unter den sāmoanischen Familiengruppierungen eine Gelegenheit sah, ‘tauschte‘ Waffen gegen Land. Diese Geschäfte waren von zweifelhafter Natur und sind nicht besonders gut dokumentiert. Es gelang ihm, große Flächen Land anzuhäufen und er wurde so zu einem erfolgreichen Geschäftsmann. Mit der Vergrößerung der Anbauflächen konnte er seine Handelsinfrastruktur ausbauen, weshalb er mehr Arbeitskräfte benötigte, um das Geschäft aufrechtzuerhalten. Auf der Suche nach billigen Arbeitskräften machte sich das Unternehmen daran, Arbeitskräfte von außerhalb zu akquirieren. Männer, Frauen und Kinder aus benachbarten Ländern wie Papua-Neuguinea und den Salomonen wurden angeworben - durch Bestechung, Versklavung, Entführung und Vertreibung aus ihrer Heimat. Diese Vorgehensweise wird als Blackbirding [Verschleppung und anschließende Versklavung] bezeichnet.
Allerdings hatte J. C. Godeffroy angesichts der ständigen Expansion große Mühe, das Unternehmen über Wasser zu halten, was letztlich 1879 zum Konkurs führte. Das Unternehmen wurde von der Deutschen Handels - und Plantagengesellschaft (DH &PG) übernommen. Unter der Leitung von Theodor Weber wurden die hochpreisigen Rohstoffe aus Sāmoa bald zu international gehandelten Waren. Infolgedessen wuchs die DH & PG, die auch als die deutsche Firma bzw. als das deutsche Unternehmen bezeichnet wird, stetig. Ihre Infrastruktur umfasste Kokosnussplantagen, Kopra-Verarbeitungsanlagen, Lagerhäuser und Unterkünfte für ihre Arbeiter und Manager in Vailele und Mulifanua. Es wurde noch mehr Land benötigt, und als Weber ein Grundstück in Vaitele auskundschaftete, schloss er ein weiteres betrügerisches Geschäft ab. Tamasese Titimaea, einer der damaligen Anwärter auf den Königstitel, versprach Weber Land, auf das Titimaea keinen Anspruch hatte. Als Titimaea später von den rechtmäßigen Landbesitzern zur Rede gestellt wurde, forderte er Weber auf, den Handel rückgängig zu machen, doch Weber beharrte auf seinem Standpunkt.
Die DH & PG besaß in Apia zudem eine Schiffsflotte, Handelsbüros und Geschäfte. Mit der Vergrößerung des Unternehmens wurde auch in Krankenhäuser, Kindergärten, Bootsbauer, Radmacher und einen Dreimastschoner, die ‘Sāmoa‘, investiert. Weitere Handelsniederlassungen wurden in Tonga, Pago Pago und Papua-Neuguinea gegründet. Während die meisten Sāmoaner weiterhin auf den ihren Familien gehörenden Plantagen arbeiteten, beschäftigte das Unternehmen eine kleine Anzahl von Sāmoanern, was jedoch nicht ausreichte, um die wachsende Arbeitslast zu bewältigen. Wie Godeffroy holte auch die DH & PG daher unzählige Vertragsarbeiter aus Papua-Neuguinea nach Sāmoa, die ebenfalls mittels Blackbirding verschleppt wurden. Verschiedenen Berichten zufolge waren die Arbeitsbedingungen schlecht, und Misshandlungen von Arbeitern waren an der Tagesordnung. Die Solidarität unter den Plantagenarbeitern, die Widerstand hätte hervorrufen können, wurde mit Hilfe der unterschiedlichen Behandlung verschiedener Gruppen unterbunden. Durch getrennte Wohnquartiere und streng zugewiesene Arbeitsbereiche wurde der Kontakt mit der europäischen Bevölkerung zu verhindern versucht. Später wurden auch chinesische Arbeiter beschäftigt. Im Gegensatz zu den Arbeitern aus Papua-Neuguinea und von den Salomonen handelten die chinesischen Arbeiter Berichten zufolge selbst ihren Lohn aus - wenn auch wahrscheinlich zu den Bedingungen von DH & PG.
Die DH & PG errang ein Handelsmonopol in Sāmoa und kontrollierte die Handelsbestimmungen. Diese ausgeklügelte Strategie zielte darauf ab, konkurrierende sāmoanische Unternehmen zu torpedieren. Dies hatte zur Folge, dass Firmen in sāmoanischem Besitz stark benachteiligt wurden. Sie litten unter erhöhten Steuersätzen und erhielten nur eine geringe Gegenleistung für ihre Ernte, die nach Übersee verschifft werden sollte. Allerdings wehrten sich die sāmoanischen Plantagenbesitzer und gründeten ihre eigenen Kopra-Genossenschaften, die den deutschen Zwischenhändler überflüssig machten. Die von Tulafale Lauaku Namulau'ulu initiierte Bewegung “Oloa“ (Waren) führte zur Gründung von Kumpani, einer Genossenschaft im Besitz von Sāmoanern, die die Kopra-Preise zu stabilisieren versuchte. Damit wurde das deutsche System infrage gestellt, und es zeigte sich, dass Sāmoaner es durchaus verstanden, nach kapitalistischen Prinzipien zu wirtschaften.
Das Foto zeigt die Wohnquartiere der DH & PG für alleinstehende Männer in Sogi. Das Gebäude wurde 1912 abgerissen, und die Unterkünfte wurden in das Casino verlegt, das später zum Casino Hotel wurde. Das Unternehmen wurde 1915, kurz nach Ausbruch des 1. Weltkriegs, aufgelöst.
Übersetzung: Uli Nickel
Allerdings hatte J. C. Godeffroy angesichts der ständigen Expansion große Mühe, das Unternehmen über Wasser zu halten, was letztlich 1879 zum Konkurs führte. Das Unternehmen wurde von der Deutschen Handels - und Plantagengesellschaft (DH &PG) übernommen. Unter der Leitung von Theodor Weber wurden die hochpreisigen Rohstoffe aus Sāmoa bald zu international gehandelten Waren. Infolgedessen wuchs die DH & PG, die auch als die deutsche Firma bzw. als das deutsche Unternehmen bezeichnet wird, stetig. Ihre Infrastruktur umfasste Kokosnussplantagen, Kopra-Verarbeitungsanlagen, Lagerhäuser und Unterkünfte für ihre Arbeiter und Manager in Vailele und Mulifanua. Es wurde noch mehr Land benötigt, und als Weber ein Grundstück in Vaitele auskundschaftete, schloss er ein weiteres betrügerisches Geschäft ab. Tamasese Titimaea, einer der damaligen Anwärter auf den Königstitel, versprach Weber Land, auf das Titimaea keinen Anspruch hatte. Als Titimaea später von den rechtmäßigen Landbesitzern zur Rede gestellt wurde, forderte er Weber auf, den Handel rückgängig zu machen, doch Weber beharrte auf seinem Standpunkt.
Die DH & PG besaß in Apia zudem eine Schiffsflotte, Handelsbüros und Geschäfte. Mit der Vergrößerung des Unternehmens wurde auch in Krankenhäuser, Kindergärten, Bootsbauer, Radmacher und einen Dreimastschoner, die ‘Sāmoa‘, investiert. Weitere Handelsniederlassungen wurden in Tonga, Pago Pago und Papua-Neuguinea gegründet. Während die meisten Sāmoaner weiterhin auf den ihren Familien gehörenden Plantagen arbeiteten, beschäftigte das Unternehmen eine kleine Anzahl von Sāmoanern, was jedoch nicht ausreichte, um die wachsende Arbeitslast zu bewältigen. Wie Godeffroy holte auch die DH & PG daher unzählige Vertragsarbeiter aus Papua-Neuguinea nach Sāmoa, die ebenfalls mittels Blackbirding verschleppt wurden. Verschiedenen Berichten zufolge waren die Arbeitsbedingungen schlecht, und Misshandlungen von Arbeitern waren an der Tagesordnung. Die Solidarität unter den Plantagenarbeitern, die Widerstand hätte hervorrufen können, wurde mit Hilfe der unterschiedlichen Behandlung verschiedener Gruppen unterbunden. Durch getrennte Wohnquartiere und streng zugewiesene Arbeitsbereiche wurde der Kontakt mit der europäischen Bevölkerung zu verhindern versucht. Später wurden auch chinesische Arbeiter beschäftigt. Im Gegensatz zu den Arbeitern aus Papua-Neuguinea und von den Salomonen handelten die chinesischen Arbeiter Berichten zufolge selbst ihren Lohn aus - wenn auch wahrscheinlich zu den Bedingungen von DH & PG.
Die DH & PG errang ein Handelsmonopol in Sāmoa und kontrollierte die Handelsbestimmungen. Diese ausgeklügelte Strategie zielte darauf ab, konkurrierende sāmoanische Unternehmen zu torpedieren. Dies hatte zur Folge, dass Firmen in sāmoanischem Besitz stark benachteiligt wurden. Sie litten unter erhöhten Steuersätzen und erhielten nur eine geringe Gegenleistung für ihre Ernte, die nach Übersee verschifft werden sollte. Allerdings wehrten sich die sāmoanischen Plantagenbesitzer und gründeten ihre eigenen Kopra-Genossenschaften, die den deutschen Zwischenhändler überflüssig machten. Die von Tulafale Lauaku Namulau'ulu initiierte Bewegung “Oloa“ (Waren) führte zur Gründung von Kumpani, einer Genossenschaft im Besitz von Sāmoanern, die die Kopra-Preise zu stabilisieren versuchte. Damit wurde das deutsche System infrage gestellt, und es zeigte sich, dass Sāmoaner es durchaus verstanden, nach kapitalistischen Prinzipien zu wirtschaften.
Das Foto zeigt die Wohnquartiere der DH & PG für alleinstehende Männer in Sogi. Das Gebäude wurde 1912 abgerissen, und die Unterkünfte wurden in das Casino verlegt, das später zum Casino Hotel wurde. Das Unternehmen wurde 1915, kurz nach Ausbruch des 1. Weltkriegs, aufgelöst.
Übersetzung: Uli Nickel
Objektdaten
Literaturhinweise
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Holger Droessler: Coconut Colonialism: Workers and the Globalization of Sāmoa. 2022.
Peter Swain: Fono: the contest of the governance of Sāmoa. 2022.
Robert MacKenzie Watson: History of Sāmoa. 2021.
Brian T. Alofaituli: Indigenous protest in colonial Sāmoa: The Mau movements and the response of the London Missionary Society, 1900 – 1935. 2017.
Unbekannter Autor: The cyclopedia of Samoa, Tonga, Tahiti, and the Cook Islands. 1907.