Unbekannt
1887 - 1919
Über das Objekt
Deutsch-sāmoanische Beziehungen
Dieses Foto wurde an den Papase'ea-Wasserfällen in Se'ese'e, Faleata, südlich von Apia aufgenommen - heute ein gut besuchter Touristenort in Upolu. Oben auf der vorspringenden Felsformation ist eine Gruppe von Personen zu erkennen, die sich oberhalb der Brandung unter dem Laub niedergelassen haben. Sie scheinen sowohl sāmoanischer als auch europäischer Herkunft zu sein. Papase'ea, was übersetzt Rutschfelsen bedeutet, war ein markantes Wahrzeichen, das mit Telesā, Geisterfrauen und Beschützerinnen von Dörfern und der natürlichen Umgebung, assoziiert wurde. Die häufig von Einheimischen aufgesuchten Felsen und Wasserbecken entwickelten sich später zu beliebten Ausflugszielen für europäisch-amerikanische Siedler. Daraufhin wurden sie auch in die “Völkerschauen“ einbezogen, die im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert durch Deutschland tourten. Das Requisit in Form eines neun Meter hohen, pyramidenähnlichen Bauwerks sollte Aspekte von Sāmoa weit weg vom Pazifik nachbilden.
Dieses Foto wurde an den Papase'ea-Wasserfällen in Se'ese'e, Faleata, südlich von Apia aufgenommen - heute ein gut besuchter Touristenort in Upolu. Oben auf der vorspringenden Felsformation ist eine Gruppe von Personen zu erkennen, die sich oberhalb der Brandung unter dem Laub niedergelassen haben. Sie scheinen sowohl sāmoanischer als auch europäischer Herkunft zu sein. Papase'ea, was übersetzt Rutschfelsen bedeutet, war ein markantes Wahrzeichen, das mit Telesā, Geisterfrauen und Beschützerinnen von Dörfern und der natürlichen Umgebung, assoziiert wurde. Die häufig von Einheimischen aufgesuchten Felsen und Wasserbecken entwickelten sich später zu beliebten Ausflugszielen für europäisch-amerikanische Siedler. Daraufhin wurden sie auch in die “Völkerschauen“ einbezogen, die im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert durch Deutschland tourten. Das Requisit in Form eines neun Meter hohen, pyramidenähnlichen Bauwerks sollte Aspekte von Sāmoa weit weg vom Pazifik nachbilden.
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Zusammenkünfte zwischen den indigenen und kolonialen Siedlergemeinschaften, wie sie auf dem Foto zu sehen sind, scheinen im späten 19. Jahrhundert häufig vorgekommen zu sein. Dies zeigt sich in allen Fotosammlungen aus dieser Zeit. Das gemeinsame Verbringen von Zeit könnte ein Mittel des kulturellen Austauschs und der Wissensvermittlung gewesen sein. Man könnte allerdings auch argumentieren, dass sich junge Männer, die ihre europäischen Heimatländer verlassen hatten, an ihrem neuen Wohnort nach einem Gefühl der Gemeinschaft und Zugehörigkeit sehnten. Daher hätten die Treffen einen fruchtbaren Boden für die Entstehung bzw. Stärkung von Beziehungen geboten. Möglicherweise wurden die Zusammenkünfte auch als eine Form der Flucht wahrgenommen, um den sich verschärfenden politischen Spannungen zu entkommen, die während der europäischen Besiedlung und Besetzung Sāmoas herrschten. Auch wenn diese Spekulationen einzeln oder in Kombination den Anstoß zu kulturübergreifenden Zusammenkünften gegeben haben mögen, so lassen sie doch den gewalttätigen Hintergrund außer Acht, der darin bestand, dass eine Bevölkerung ihre Vorherrschaft über eine andere ausübte.
Interessanterweise wurde und wird insbesondere die deutsche Besatzung oft romantisch verklärt. Die Fassade des harmonischen Zusammenlebens hat sich bis heute gehalten, und viele Sāmoaner blicken auf die deutsche Ära in Sāmoa als die goldene Zeit zurück. Einer der Faktoren, die zu dieser romantisierenden Wahrnehmung beitragen, sind wahrscheinlich die zahlreichen Abstammungslinien, deren Genealogie sich bis hin zum ersten Aufeinandertreffen beider Kulturen zurückverfolgen lässt.
Ein weiterer Faktor, der zu dieser Entwicklung beitrug, waren die beiden turbulenten Ereignisse, die sich während der neuseeländischen Verwaltung von Sāmoa nach 1914 ereigneten und bei vielen Sāmoanern heute einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen haben. Als der 1. Weltkrieg ausbrach, übernahmen neuseeländische Truppen die Kontrolle über Sāmoa, die bis 1962 andauerte. Unter der neuseeländischen Regierung landete 1918 die “Talune“ unter dem Kommando des neuseeländischen Obersts Robert Logan im Hafen von Apia, die mit der Spanischen Grippe infizierte Passagiere an Bord hatte, worauf fast ein Viertel der sāmoanischen Bevölkerung ausgelöscht wurde.
Mit nur wenig Verständnis für das samoanische Herrschaftssystem versuchte die neuseeländische Verwaltung, ihre Autorität zu durchzusetzen, indem sie Matai ihrer Titel beraubte und die Macht der Dorfräte beschnitt, um die soziokulturellen Strukturen zu zerschlagen. Unter den Bewohnern von Sāmoa breitete sich eine anti-neuseeländische Stimmung aus, die schließlich 1927 zur Mau-Bewegung führte, die ihren Ursprung in den Mau a Pule (1908) hatte. Bei der Mau handelte es sich um eine friedliche Widerstandsbewegung, die es sich zum Ziel gesetzt hatte, die Souveränität Sāmoas unter dem Motto “Sāmoa mo Sāmoa – Sāmoa den Sāmoanern“ zurückzugewinnen. Während eines der friedlichen Märsche am 28. Dezember 1929 kam es zu einem erneuten Vorfall, bei dem elf Samoaner und ein neuseeländischer Polizist erschossen wurden. Heute wird dieser Tag als Schwarzer Samstag in Erinnerung behalten.
Übersetzung: Uli Nickel
Interessanterweise wurde und wird insbesondere die deutsche Besatzung oft romantisch verklärt. Die Fassade des harmonischen Zusammenlebens hat sich bis heute gehalten, und viele Sāmoaner blicken auf die deutsche Ära in Sāmoa als die goldene Zeit zurück. Einer der Faktoren, die zu dieser romantisierenden Wahrnehmung beitragen, sind wahrscheinlich die zahlreichen Abstammungslinien, deren Genealogie sich bis hin zum ersten Aufeinandertreffen beider Kulturen zurückverfolgen lässt.
Ein weiterer Faktor, der zu dieser Entwicklung beitrug, waren die beiden turbulenten Ereignisse, die sich während der neuseeländischen Verwaltung von Sāmoa nach 1914 ereigneten und bei vielen Sāmoanern heute einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen haben. Als der 1. Weltkrieg ausbrach, übernahmen neuseeländische Truppen die Kontrolle über Sāmoa, die bis 1962 andauerte. Unter der neuseeländischen Regierung landete 1918 die “Talune“ unter dem Kommando des neuseeländischen Obersts Robert Logan im Hafen von Apia, die mit der Spanischen Grippe infizierte Passagiere an Bord hatte, worauf fast ein Viertel der sāmoanischen Bevölkerung ausgelöscht wurde.
Mit nur wenig Verständnis für das samoanische Herrschaftssystem versuchte die neuseeländische Verwaltung, ihre Autorität zu durchzusetzen, indem sie Matai ihrer Titel beraubte und die Macht der Dorfräte beschnitt, um die soziokulturellen Strukturen zu zerschlagen. Unter den Bewohnern von Sāmoa breitete sich eine anti-neuseeländische Stimmung aus, die schließlich 1927 zur Mau-Bewegung führte, die ihren Ursprung in den Mau a Pule (1908) hatte. Bei der Mau handelte es sich um eine friedliche Widerstandsbewegung, die es sich zum Ziel gesetzt hatte, die Souveränität Sāmoas unter dem Motto “Sāmoa mo Sāmoa – Sāmoa den Sāmoanern“ zurückzugewinnen. Während eines der friedlichen Märsche am 28. Dezember 1929 kam es zu einem erneuten Vorfall, bei dem elf Samoaner und ein neuseeländischer Polizist erschossen wurden. Heute wird dieser Tag als Schwarzer Samstag in Erinnerung behalten.
Übersetzung: Uli Nickel
Objektdaten
Literaturhinweise
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Peter Swain: Fono: the contest of the governance of Sāmoa. 2022.
Robert MacKenzie Watson: History of Sāmoa. 2021.