Niclaus Hagenauer
Johannes der Täufer, um 1480
Über das Objekt
Die Statue trägt als Symbol für Christus das Lamm Gottes auf einem Buch. Sie stand ursprünglich im Schrein eines kleineren Flügelaltars, vielleicht im Heiligkreuzmünster in Rottweil. Die als Gegenstück zugehörige Figur Johannes’ des Evangelisten befindet sich heute in Stuttgart. Beide könnten eine Muttergottes flankiert haben.
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Johannes trägt unter seinem vergoldeten Überwurf ein Fellgewand zum Zeichen dafür, dass er sich als Weltflüchtiger und Bußprediger in die Wüste zurückzog. Im Jordan vollzog er das Reinigungsbad der Taufe an denen, die ihm und seiner Lehre anhingen, zuletzt auch an Jesus, in dem er den verheißenen Messias erkannte. Darauf wiederum nimmt die Beigabe des Opferlämmleins Bezug, des „Lamms Gottes, das hinwegnimmt die Sünden der Welt.“ Ihm, dem Gottessohn und zukünftigen Erlöser, gilt der im Zusammenhang geläufige, hier verstümmelte Zeigegestus der rechten Hand. Der als Vorläufer Christi verehrte Täufer und der jugendliche Lieblingsjünger des Herrn, auch er mit Namen Johannes, treten im Altarzusammenhang oftmals paarweise auf, beispielsweise im spätgotischen Hochaltarretabel der Wallfahrtskirche von Lautenbach im Renchtal. Tatsächlich hat sich eine maßgleiche Statue des Evangelisten Johannes erhalten, dessen Stilmerkmale denen des Freiburger Täufers vollkommen gleichen (Landesmuseum Württemberg, Stuttgart). Die Täuferfigur soll der schwäbischen Reichsstadt Rottweil entstammen. Im dortigen Heiligkreuzmünster könnte der Flügelaltar gestanden haben, dessen Zentralfigur, wie in Lautenbach, eine Muttergottesstatue gewesen sein mag. Dass der Auftrag an eine Straßburger Werkstatt vergeben wurde, wirft ein bezeichnendes Licht auf die überragende künstlerische Bedeutung der elsässischen Kapitale zu jener Zeit. Niclaus Hagenauer ist im allgemeinen Bewusstsein vor allem als Schöpfer der Skulpturen des Isenheimer Altars, 1512 - 1516, gegenwärtig, die sich durch einen eindringlichen Realismus in den Physiognomien auszeichnen. Über sein Frühwerk, dem die beiden Johannesfiguren zugerechnet werden, weiß man nur wenig. (Detlef Zinke)