In der Münzsammlung des Augustinermuseums befindet sich ein größerer Bestand von 167 Münzen aus der vorderösterreichischen Münzstätte Ensisheim im Oberelsass. Diese Münzstätte bestand von 1584 bis zur Besetzung der Stadt durch schwedische Truppen im Dezember 1632. Gegründet wurde sie von Erzherzog Ferdinand, dem zweiten Sohn Kaiser Ferdinands I., der bei der Erbteilung 1564 Tirol und die sogenannten österreichischen Vorlande erhalten hatte. Ensisheim war bereits seit 1510 Regierungssitz der vorderösterreichischen Lande Elsass, Sundgau, Breisgau und Schwarzwald. Die dortigen Behörden unterstanden der oberösterreichischen Regierung und Kammer in Innsbruck.
Wichtigste Geldsorte in der neu gegründeten Münzstätte waren die Taler, die ca. 80 % der jährlichen Münzprägung ausmachten. Sowohl die Taler als auch die Viertel-, Halb- und Doppeltaler zeigen auf der Vorderseite das Hüft- oder Brustbild des Landesherrn, auf der Rückseite dessen bekrönten Wappenschild mit den Wappen der Landgrafschaft Oberelsass (Schild mit Schrägbalken, seitlich davon jeweils drei Kronen) und der Grafschaft Pfirt (zwei Fische) an hervorgehobener Stelle.
Gegenüber dem 1566 definierten Reichstaler wiesen die Taler Erzherzog Ferdinands – die in Ensisheim ebenso wie die seit 1577 in Hall in Tirol geprägten - einen geringeren Feingehalt auf (875/1000 statt 889/1000). Auch unter Ferdinands Nachfolgern wurden sie aber nach demselben Münzfuß geprägt, ohne den Feingehalt weiter zu verringern.
Aus Rechnungen der Ensisheimer Münze geht hervor, dass allein im Jahr 1599 371.877 Taler geprägt wurden. In den Jahren 1602 und 1603 stieg die Produktion auf zusammen mehr als eine Million Taler an. Diese hohen Emissionszahlen konnten nur dank einer neuen Technologie der Münzprägung, eines durch Wasserkraft betriebenen Walzenprägewerks erreicht werden.
Sowohl die Walzenprägemaschinen als auch die Prägewalzen und das eigens ausgebildete Münzpersonal kamen aus Hall in Tirol. Dort hatte Erzherzog Ferdinand die von Züricher Erfindern entwickelten technischen Neuerungen schon früher eingeführt. Nach Anfängen in Mühlau bei Innsbruck ab 1566 wurden ab 1571 in der Burg Hasegg in Hall erfolgreich Münzen auf diese Weise geprägt. Eine Rekonstruktion der Walzenprägemaschine kann heute am selben Ort besichtigt werden.
Gegossene Flachstäbe (sog. Zaine) aus Silberlegierung wurden im ebenfalls wasserbetriebenen Streckwerk durch raue und glatte Wellen gezogen, bis sie für die Talerprägung die Form von flachen Streifen von ca. 2 mm Dicke und ca. 4,5 cm Breite erreichten. Im Prägewerk wurden sie dann durch zwei aufeinander abgestimmte Prägewalzen aus Stahl gezogen, auf denen mehrere Stempel mit Münzbildern der Vorder- bzw. Rückseite spiegelverkehrt eingraviert waren.
Auf der gekrümmten Fläche der Walzen durften die Münzbilder nicht kreisrund sein, sondern mussten oval quer zur Laufrichtung der Walze eingraviert werden, um beim Abdruck ein rundes Münzbild zu erzeugen. Dabei kamen Grabstichel und Punzen für einzelne Teile des Münzbildes zum Einsatz. Nach dem Prägen wurden die Münzen mit Hilfe einer Spindelpresse mit Locheisen ausgestanzt.
Auf einer Prägewalze wurden in der Regel vier Stempel für Doppeltaler, 5 für Taler, 6 für Halbtaler oder 7 für Vierteltaler eingraviert. Die Stempel einer Walze zeigen das Münzbild in gleichartiger Darstellung, jedoch mit kleinen Unterschieden, da sie einzeln von Hand graviert wurden. Nur die Stempel für die Doppeltaler Erzherzog Ferdinands weisen auf derselben Walze deutliche Unterschiede auf.
Die verschiedenen Walzen weisen größere, bewusst gesetzte Unterschiede auf, so z. B. im Dekor auf dem Brustharnisch des Landesherrn oder in der Ausführung des Wappens.
Die Walzen wurden nicht immer in der gleichen Anordnung in die Maschine eingespannt. Daher kommen Münzen mit einer gleichen Vorderseite, aber mit verschiedenen Rückseiten und umgekehrt vor. Wenn eine Walze schadhaft war, wurde die noch gute andere Walze mit einer anderen Vorder- bzw. Rückseitenwalze kombiniert. Allein bei den Talern, die mit dem Bild Erzherzog Ferdinands geprägt wurden, gab es 220 Varianten. Sie wurden zwischen 1584 und 1602, also auch nach Ferdinands Tod 1595 geprägt. 14 Vorderseitenwalzen zeigen Brustbilder mit jüngeren Gesichtszügen des Erzherzogs, 7 ein Altersportrait. Dazu gab es 20 bzw. 8 Rückseitenwalzen.
Der Bestand des Augustinermuseums umfasst neben den verschiedenen Talersorten (11 Doppeltaler, 110 Taler, 1 Halbtaler und 4 Vierteltaler) 40 kleinere Nominalen, die nicht durch Walzenprägung gefertigt wurden, sondern mit großen eisernen Prägestöcken, wohl einer frühen Form der Spindelpresse. Die sogenannten Dreier, Doppelvierer und Vierer weisen zahlreiche Varianten in den Umschriften auf. Die Rappen und Heller sind einseitige Prägungen, sogenannte Brakteaten.
Bis auf wenige Ausnahmen wurden die Münzen aus der Münzstätte Ensisheim 1908 in einem Auktionshaus in Frankfurt am Main für die Städtischen Sammlungen erworben. Sie gehören zum regional bestimmten Sammlungsschwerpunkt der Münzsammlung.
Literatur
Ernest Lehr. Les Monnaies des landgraves autrichiens de la Haute-Alsace. Mulhouse 1896.
Heinz Moser, Heinz Tursky. Die Münzstätte Hall in Tirol 1477 – 1665. Innsbruck 1977, insbes. S. 324 – 353: Die Münzstätte Ensisheim 1584 – 1634.
Helmut Klemesch. Die vorderösterreichische Münzstätte Ensisheim (1584 – 1632). Wien 2009.
Wissenschaftliche Bearbeitung: Erik Roth (Januar 2021/März 2022)