Im Rahmen des Förderprogramms Neustart Kultur gelang dem Augustinermuseum ein weiterer wichtiger Schritt in Richtung digitale Erschließung und Bereitstellung seiner Sammlungsbestände. Porträts Digital ist das bislang aufwendigste Digitalisierungsprojekt des Museums. Rund 300 Porträts wurden in diesem Zusammenhang fotografiert und wissenschaftlich aufgearbeitet, um sie digital in der Online-Sammlung und über das Portal der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB) für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Unterstützt durch ein Team von Restaurator_innen wurden die Gemälde neu vermessen und ihre Technik- und Materialangaben überprüft und ergänzt. Schwerpunkt des Konvoluts bilden Porträts aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert. Neben bekannten Namen wie Hans Thoma (1839–1924), Franz Xaver Winterhalter (1805–1873) und Marie Dürr-Grossmann (1853–1890) finden sich auch Porträts anonymer Künstler_innen. Durch die digitale Bereitstellung können viele Personen und ihre (Lebens-)Geschichten zum ersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert werden. Hier zeigen wir eine Auswahl der digitalisierten Werke.
Gefördert von
Selbstporträts
Wie sehen Künstler_innen sich selbst, und wie wollen sie gesehen werden? Selbstbildnisse sind so vielfältig wie die Künstler_innen, die sie schufen. Ob klassisch mit Pinsel und Palette, repräsentativ in feinen Gewändern oder authentisch in ihrer Natürlichkeit: Ihnen gemeinsam ist der Wunsch, mit Farbe und Form das eigene Bild auf die Leinwand zu bringen (oder einen anderen Bildträger aus Holz, Metall oder Papier). Nicht selten bekommen wir einen Einblick in den Arbeitsprozess gewährt, oder fühlen uns durch den direkten Blickkontakt mit der Künstlerin angesprochen. Dabei spiegeln die Bilder das Selbstverständnis des Künstlers wider, ebenso wie das Künstlerverständnis der Zeit.
Seiner Zeit genoss Lukas Kirner den Ruf als bester Porträtmaler des Schwarzwaldes. Der 27-Jährige porträtiert sich hier mit spitz zulaufenden Koteletten und in die Stirn gekämmtem Haar mit markanter Locke. Zwei weitere Porträts, seiner Frau und seiner Schwägerin, gleichen sich im Format und sind im selben Jahr entstanden.
Im Jahr seiner Hochzeit schuf Dionys Ganter dieses Selbstporträt, das zusammen mit dem Porträt seiner Frau Magdalena möglicherweise zu diesem Anlass entstand. Zu dieser Zeit lebte das Paar in Rötenbach, bevor die beiden nach Freiburg zogen. Das Museum besitzt zahlreiche Gemälde und Graphiken des Schwarzwälder Künstlers.
Dieses signierte und datierte Selbstbildnis zeigt Albert Gräfle im Alter von 75 Jahren. Ein Jahr zuvor hatte sich der Künstler in gleicher Pose schon einmal dargestellt. Das Gemälde in der Kunsthalle Karlsruhe ist nahezu identisch mit diesem, alleine eine goldene Anstecknadel am Sakko ist hier dazu gekommen.
Selbstbewusst blickt uns der Künstler im Dreiviertelprofil direkt entgegen, im Sonntagsstaat mit weißem Hemdkragen und grüner Fliege. Aus einer Handschrift auf der Rückseite des Gemäldes geht hervor, dass es 1916 als Kommunionsgeschenk von Tante Elsa an seine Tochter Monika ging.
Karl Krebs war Sohn des Bankiers Eugen Krebs, der das Freiburger Bankhaus J. A. Krebs leitete. Das Selbstbildnis referiert auf dessen eigene Entstehung: Der Pinsel in der Hand ist das Werkzeug, mit dem die Farbe in dynamischer Bewegung auf die Leinwand gebracht wurde. Karl starb im Ersten Weltkrieg im Alter von 34 Jahren in Ostpreußen.
Das Selbstporträt wurde skizzenhaft mit groben Pinselstrichen und schneller Hand hingeworfen, stellenweise bleibt die Grundierung sichtbar. Es zeigt die Künstlerin mit versonnenem Blick. Die Frau des späteren badischen Staatspräsidenten Leo Wohleb war als Lehrerin tätig. Hinweise auf eine künstlerische Ausbildung fehlen.
Mode
Voluminöse Puffärmel, mit Stickereien verzierte Schals und spektakuläre Radhauben: Porträts machen Trends in Sachen Mode sichtbar und bieten Einblicke in ein Spektrum von Farben, Schnitten und Stoffen. Anhand des Konvoluts kann ein Abriss der Kleidungsstile des 19. Jahrhunderts skizziert werden. Um für das besondere Ereignis porträtiert zu werden, griff man gerne zur (Festtags)Tracht – und natürlich durften die Accessoires nicht fehlen! Hauben, Kappen, Schleifen und Zylinder veranschaulichen die (hohe) Kunst, den Kopf zu schmücken. Hut ab vor so vielen modischen Kreationen! Porträts zeigen Kleidung oft im Zusammenspiel mit Frisuren und Schmuck und können so auch als Quellen der Schmuck- und Frisurengeschichte verstanden werden.
Gertrud "Gertel" Stamm-Hagemann (1891-1939) war von der Landschaft des Schwarzwaldes fasziniert. Sie und ihr Mann Oskar Hagemann (1888–1984) verbrachten in den frühen 1910er Jahren viel Zeit in Gutach im Schwarzwald, wo sie in der dortigen Malerkolonie aktiv waren. Aus zahlreichen Briefen an den Dichter und Schriftsteller Richard Dehmel (1863–1920) ist Gertels Begeisterung für die lokale Tracht zu lesen, die, nach eigener Aussage, "hundertmal schöner ist, als das fabrikmäßig gemachte Städtezeug" (Leonhard Tomczyk, Gutacher Impressionen von Gertel Hagemann, S. 441).
Gertel trägt ein kurzes schwarzes Jäckchen (Peter), das mit rotem Wollstoff abgefüttert ist, der an den Ärmelumschlägen und der Jackeninnenseite hervorschaut. Darunter ein schwarzes Mieder, vermutlich aus Samt mit mehrfarbig besticktem Streublümchenmuster, sowie eine weiße Bluse und blaue Schürze. Das Highlight ist die Goldhaube mit schwarzer Schleierspitze und goldenen Bändern.
Kinderbildnisse
Ob allein, zusammen mit den Geschwistern oder im Kreis der Familie: Im 19. Jahrhundert wurden Kinder oft als kleine Erwachsene dargestellt. Die Porträts verbildlichen so moralische Standards der Zeit. Zahlreiche repräsentative Bildnisse aus dem frühen 19. Jahrhundert zeigen Kinder in formeller Kleidung und strenger Haltung und manifestieren damit ihre Rolle in der Gesellschaft. Im Gegensatz dazu werden aber auch Tendenzen sichtbar, die Persönlichkeit des Kindes einzufangen und Kinder – jenseits ihrer gesellschaftlichen Rolle – als Individuen in ihrer eigenen Lebenswelt darzustellen. Oft porträtierten Künstler ihre eigenen Kinder, so zum Beispiel Dominik Weber seine Tochter Sophie, Ernst Würtenberger seine drei Kinder Monika, Thomas und Franzsepp und Franz Xaver Hoch seinen Sohn Claus.
Als Schauplatz dieses Kinderbildnisses hat Moosbrugger ganz zeitgemäß die Idylle des Gartens gewählt. Das Gemälde kann als Dokument der Verbundenheit zwischen Schwester und Bruder verstanden werden. Die kühle Farbigkeit verleiht der Darstellung einen repräsentativen Charakter und erinnert an die Eleganz höfischer Porträtmalerei.
Modell zu sitzen kann ein langwieriges Unterfangen sein. So lässt sich der Blick der beiden Mädchen erklären, denen der Missmut ins Gesicht geschrieben steht - ganz im Widerspruch zu ihren festlichen Kostümen mit Radhaube.
Um das ovale Brustbild der Mutter, einer jungen Frau in Tracht und schwarzer Backenhaube, drängen sich die beiden Kleinkinder, die sich fast liebevoll daran anschmiegen. Der junge Maler in Ganzfigur hält das Porträt, seine Schwester verbirgt sich teilweise dahinter. Die offenbar früh verstorbene Mutter steht als Bild im Bild im Zentrum der Darstellung.
Blumen für die Schwester, eine Flinte für den Bruder. Attribute wie diese waren oft mehr als dekorative Elemente und verwiesen auch bei Kindern auf klar definierte Geschlechterrollen für Jungen und Mädchen. Weber selbst hatte eine Tochter und einen Sohn.
Fürsorglich hat der ältere Bruder dem jüngeren die Hand auf die Schulter gelegt. Ganz im Sinne des romantischen Ideals gelingt es Kirner in diesem Doppelporträt, die emotionale Bindung der Brüder liebevoll einzufangen.
Drei Geschwister stecken ihre Köpfe zusammen, lehnen mit träumerischem Blick aneinander. Das jüngste, ein Mädchen mit Blumenkranz und rosa Kleidchen, wird flankiert von ihren Brüdern in Matrosenanzügen, dem Sonntagsstaat der Wilhelminischen Zeit. Die Darstellung ist reduziert, skizzierend. Unverkennbar ist der Einfluss der Fotografie.
Vor der malerischen Stadtkulisse Freiburgs sitzen oder liegen die drei Kinder der Familie Schinzinger auf einer blühenden Wiese. Sie tragen Sommerkleidung. Als farbenfrohe Momentaufnahme zeigt dieses inoffizielle Bildnis die Kinder in ungezwungen natürlicher Weise.
Die Gruppe der drei Geschwister studiert auf der Bühne gemeinsam einen Text. In der anekdotischen Schilderung hebt Würtenberger die Eintracht der Kinder hervor, zeigt gleichzeitig aber auch ihren individuellen Charakter: Thomas als Wortführer, Monika konzentriert und Franzsepp mit den Figuren in eigene Gedanken vertieft.
VIPs
Sie widmeten sich der Bildung junger Frauen, unterstützten karitative Stiftungen oder begründeten für die Region wichtige Industrien und Unternehmen. Andere machten sich als Promi-Modelle einen Namen oder zählen zu namenhaften Vertreter_innen des badischen und internationalen Adels. Viele der Porträts in der Sammlung des Augustinermuseums sind Ausgangspunkt für die Geschichte(n) der Region und legen persönliche aber auch wirtschaftliche und soziale Bezüge offen. In dieser virtuellen Galerie befinden sich auch zahlreiche Ehrenbürger der Stadt Freiburg wie der Philanthrop Philipp Merian und der Nobelpreisträger Hermann Staudinger. Hier präsentieren wir das Who is Who regionaler und überregionaler Berühmtheiten.
Propheter zeigt den 76-Jährigen als Diplomaten und Politiker mit randloser Brille, klarem Blick, dunklem Anzug und Uhrenkette, 5 Jahre vor seinem Tod. Sein Offiziersamt sieht man ihm nicht an, aber dass er sich mit beiden Händen abstützt, könnte ein Hinweis darauf sein, dass er Kriegsinvalide (Frankreichkrieg 1870/71) war.
Sehr aufrecht steht die 49-Jährige da und blickt majestätisch herab. Pracht deutet der badische Hofmaler nur in Form des edlen Pelzes an, sonst ist alles sehr schlicht – nichts lenkt von der Dargestellten ab. Die Landesmutter war an Kunst interessiert und in Freiburg sehr beliebt. So wurde das Badische Gebäck "Hildabrötle“ nach ihr benannt.
Das weiße schulterfreie Kleid mit großem Tüllschal umhüllt ihren Körper, sodass die Konturen nicht klar erkennbar sind und sich nach unten sogar mit dem Hintergrund vermischen und auflösen. Winterhalter malte das Bildnis der Herzogin vermutlich in Paris zwischen 1857 und 1860, als diese bereits an Tuberkolose erkrankt war.
Das lebensgroße Dreiviertelporträt zeigt die 22-jährige Königin Isabella II. von Spanien in einem bauschigen, mit Rosenblüten geschmückten Kleid. Um den spanischen Thron zu sichern, war sie bereits mit 13 Jahren für volljährig erklärt worden. Winterhalter reiste 1852 nach Madrid, um die spanische Königin zu porträtieren.
Karl Spindler war einer der meistgelesenen deutschen Unterhaltungsautoren seiner Zeit. In selbstbewusster, theatralischer Pose huldigt Winterhalter dem in Breslau geborenen Schriftsteller. Meisterhaft konzentriert er schon in diesem frühen Gemälde durch seine Farbregie den Blick auf das Gesicht und die Hand des Literaten.
In dynamischer Pinselführung schuf Trübner dieses kraftvolle und zugleich intime Porträt seiner Schülerin und späteren Ehefrau Alice Auerbach. Die beiden lernten sich in Frankfurt kennen, wo Alice ein Studium bei Trübner aufnahm. Noch nicht Gemaltes zu malen, das soll ihr Credo gewesen sein; Stillleben und Landschaften waren ihr Metier.
Hat Ihnen dieses Album gefallen? Schauen Sie sich noch die Porträtminiaturensammlung an: https://onlinesammlung.freiburg.de/de/alben/bildnisminiaturen-grosse-malerei-kleinem-format