Fritz Reiss

Vernunftehe im Schwarzwald, undatiert

Über das Objekt

Recht schmucklos wirkt dieses Brautpaar. Lediglich die bunten Sträußchen an der Brust lassen auf den feierlichen Anlass schließen, denn noch trägt die Braut den roten Bollenhut der Unverheirateten. Vernunftsehen waren nicht selten, häufig waren wirtschaftliche Aspekte bei der Eheschließung ausschlaggebend.
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Im Vergleich zu der Hochzeitsgesellschaft von Wilhelm Hasemann (vgl. Kat. 43) wirkt das Gemälde von Fritz Reiss schlicht und beinahe unspektakulär. Der Maler interessierte sich nicht für die Feierlichkeiten, nicht für die Gäste oder den Gang zur Kirche, sondern für die beiden Protagonisten des Tages: das Brautpaar, wiedergegeben in einer Dreiviertelansicht. Offenbar kommen sie gerade aus der Kirche, auch wenn der dun kelbraune, unbestimmte Hintergrund dahingehend keine wirklichen Schlüsse zulässt. Wie der Titel des Bildes verrät, handelt es sich bei dieser auf Leinwand festgehaltenen Eheschließung um eine Vernunftehe. Zu der nüchternen Situation, die wenig mit romantischen Idealen zu tun hat, passen die groben Gesichter des Brautpaares. Beide lächeln etwas verkniffen, sie wirken nicht besonders glücklich mit diesem Zusammenschluss. Die rosigen Wangen, die gebräunte Haut und die Falten in den Gesichtern zeugen von dem harten Leben als Bauern im Schwarzwald. Die Ehefrau wirkt älter als der Mann. Auch die Hände hat Fritz Reiss fast übertrieben grob dargestellt. Allein die festliche Kleidung, vor allem aber die bunten Sträußchen an der Brust, lassen auf den feierlichen Anlass schließen. In der Regel trug man zur Hochzeit die beste Sonntagskleidung, da die meisten Schwarzwälder sich keine extra Hochzeitskleidung leisten konnten. Im Werk von Fritz Reiss finden sich neben seinen humoristischen und verspielten Motiven auch immer wieder Bilder mit sozialkritischen Anklängen. So hielt er mitunter den Schwarzwald und das dortige Leben nüchtern und realistisch fest, wodurch ein ganz eigenes Bild dieser Region entstand. Tatsächlich war eine Eheschließung im Schwarzwald nicht nur ein schönes Ereignis, sondern oft auch für den sozialen Fortbestand und das Überleben eine wichtige Grundlage. Häufig waren wirtschaftliche Aspekte bei der Eheschließung ausschlaggebend. MIRJA STRAUB

Objektdaten

Literaturhinweise

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Schwarzwald Bilder :. Kunst des 19. Jahrhunderts : Städtische Galerie Karlsruhe, 3. Dezember 2016 bis 26. Februar 2017 /. Petersberg 2016, S. 240 Seiten ;.

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