François Boucher
Brustbild einer jungen Frau mit Mantille, 1728
Über das Objekt
Anmutig, mit leicht gesenktem Kopf spielt die junge Frau mit ihrem Schleiertuch. Diese Figur wurde nach einer Studie Watteaus radiert. Häufig setzte der Künstler seine Modelle in galanten oder komischen Kostümen in Szene. Diese Figurenskizzen verwendete er für die Komposition seiner Gemälde. Der noch junge, später genauso berühmte Boucher hat die Zeichnung radiert.
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Diese Graphik stammt aus den Figures de Différents Caractères, de Paysages, et d’Études dessinées d’après nature par Antoine Watteau (Figuren verschiedener Charaktere, Landschaften und Studien, nach der Natur gezeichnet von Antoine Watteau), einem Sammelband, der von Jean de Jullienne publiziert und von den Graphikhändlern Jean Audran (1667-1756) und François Chéreau (1680-1729) vertrieben wurde. Er umfasst 351 von 1 bis 350 nummerierte Radierungen, die auf zwei 1726 und 1728 erschienene Bände aufgeteilt sind (mit 132 Bildtafeln im ersten und 219 im zweiten Teil). Für dieses Projekt beschäftigte Jullienne eine Riege von fünfzehn Radierern, unter anderem den jungen François Boucher (1703-1770). Während es bislang in erster Linie üblich war, Graphiken nach Gemälden zu veröffentlichen, ist die Reproduktionsgraphik nach Zeichnungen eine seltenere Spielart: Insbesondere Studien nach der Natur eines zeitgenössischen Künstlers wie Watteau stechen zu lassen, die nicht für eine malerische Umsetzung gedacht waren, stellt für diese Zeit ein völliges Novum dar. Im Vorwort des ersten Bandes der Figures de Différents Caractères begründet Jullienne das wagemutige verlegerische Unternehmen, indem er den „neuen Geschmack“ und den eigenen künstlerischen Wert der Zeichnungen Watteaus preist: Jedes Bild habe „einen so wahren und so natürlichen Charakter, dass es ganz von selbst die Aufmerksamkeit weckt und befriedigt und nicht der unterstützenden Komposition eines größeren Sujets zu bedürfen scheint.“ Die Sammlung richtet sich somit an ein spezifisches Publikum von Kunstliebhabern, das die Werke Watteaus wertschätzt und „in Ermangelung der Originale“, die größtenteils in den Mappen privater Sammler der Öffentlichkeit entzogen waren, „seine Neugier befriedigen kann“. Die Figures de Différents Caractères stellen einen Ersatz für die originalen Zeichnungen des Malers dar, deren Reproduktionen in einem Sammelband zusammengestellt sind. Mit Ausnahme der Studien von Tieren, Landschaften nach Alten Meistern und Akten sind alle Kategorien von Watteaus Zeichnungen vertreten: Männer und Frauen, Komödianten, Savoyarden, Orientalen, Soldaten, Kinder etc. Jede Figur gibt Anlass zu einer eigenen Graphik, und auf ein und demselben Blatt erscheinende Motive sind nun separat auf Kupfer übertragen. Innerhalb des Werkes wurden die Bildtafeln ohne erkennbare Systematik zusammen- und nebeneinandergestellt, wahrscheinlich dem Wunsch nach einer harmonischen Seitenkomposition folgend. Wie das hier wiedergegebene Beispiel zeigt (2. Band, Nr. 286), waren die Graphiker darum bemüht, auch in der Radiertechnik den lebendigen Charakter sowie den lebhaften und spontanen Duktus der Zeichnungen Watteaus beizubehalten. Die dargestellte Figur - eine Frau mit einer Mantille - wurde mit einem Accessoire in Szene gesetzt. Sie legt ein natürliches Gebaren und eine natürliche Haltung an den Tag und ist teilweise nur skizzenhaft angedeutet. Tatsächlich ließ Watteau Modelle in „galanten“ und „komischen“ Kostümen posieren, die er besaß, und zeichnete sie „in den Haltungen, die die Natur ihm vorgab“. Diese Studien stellen ein Figuren-Repertoire dar, auf das Watteau für die Komposition seiner eigenen Gemälde zurückgriff. Aufgrund ihrer überzeugenden realistischen Wirkung ergeben die Figures de Différents Caractères zudem eine Vorlagensammlung für Malschüler und schreiben sich in die Tradition der Musterbücher ein. Im Laufe des 18. Jahrhunderts wurden sie von zahlreichen Verlegern erneut publiziert und in verschiedenster Weise wieder aufgegriffen. Text: Hélène Iehl Übersetzt aus dem Französischen von: Tamara Engert
Objektdaten
Literaturhinweise
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