Heinrich Hoffmann
Spinnstube im Schwarzwald, undatiert
Über das Objekt
Vier Frauen arbeiten an Spinnrädern, eine weitere Gruppe ist ins Gespräch vertieft. Alle tragen sie Tracht. Die junge Frau mit Zopf am rechten Bildrand trägt den roten Bollenhut der Gutacher Tracht der ledigen Mädchen, während die vorne Stehende den schwarzen Rosenhut der verheirateten Frauen trägt.
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Wie schon bei dem Gemälde Kirchgang im Schwarzwald zeigt der Heidelberger Maler Heinrich Hoffmann hier das traditionelle Leben des Schwarzwaldes. Wahrscheinlich ist das Gemälde bewusst als Pendant zu dem anderen Werk entstanden, denn beide Bilder haben fast identische Maße und ähneln sich in ihrem querformatigen Aufbau der Szenerie. Dargestellt ist eine großzügige Stube, vielleicht in einem Wirtshaus, in dem sich acht Frauen zusammengefunden haben. Vier der Frauen sitzen auf Brettstühlen und arbeiten an Spinnrädern, mit denen die Wolle zu Fäden versponnen wurde. Die anderen vier stehen im Raum und schauen den Spinnenden bei der Arbeit zu. Alle Dargestellten tragen Tracht, die eine Frau an der rechten Seite trägt den heute zum Symbol gewordenen Bollenhut. In drei Dörfern des Schwarzwaldes, darunter auch Gutach an der Schwarzwaldbahn, bestand die Tradition, dass die unverheirateten Frauen bei festlichen Anlässen einen Strohhut mit roten Plüschbollen aus Wolle trugen, die Verheirateten tauschten diesen dann gegen einen Hut mit schwarzen Bollen. Schon wenn die Kirchgänger in die Kirche einzogen, ließ sich so sehr schnell erkennen, welche junge Frau noch nicht verheiratet war. Da diese Tradition nur in Gutach und zwei weiteren evangelischen Dörfern des Schwarzwaldes verbreitet war, lässt sich annehmen, dass Heinrich Hoffmann dieses Bild in Gutach gemalt hat. Dieses Dorf war durch die Gutacher Malerschule ohnehin für viele Maler attraktiv. Vermutlich ist das Bild in dem örtlichen Gasthof entstanden, in dem sich die Künstler trafen und wo ihnen Menschen des Dorfes oftmals in ihren Trachten Modell standen. TILMANN VON STOCKHAUSEN