Wilhelm Hasemann

Brautzug im Winter, 1905

Über das Objekt

Hasemann illustriert hier eine Szene aus der Erzählung „Der Vogt auf Mühlstein“ von Heinrich Hansjakob: Mitten im Winter ziehen die Leute zur Kirche, allen voran die Braut Magdalena in traditioneller Tracht mit der Brautkrone, dem sogenannten „Schäppel“, geschmückt. Es ist ihr anzusehen, dass dies keine Liebesheirat ist.
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Wilhelm Hasemann hat als Begründer der Gutacher Malerschule zahlreiche Künstler in das romantische Gutach im Kinzigtal gelockt. Viele der Künstler residierten in dem örtlichen Gasthof von Gutach. Zu den Freunden und Weggefährten von Wilhelm Hasemann zählte auch der populäre katholische Theologe und Schriftsteller Heinrich Hansjakob (1837-1916). Von Hansjakob stammen viele volkstümliche Geschichten zum Leben aus dem Schwarzwald, so auch die Erzählung Der Vogt auf Mühlstein. In dieser Geschichte verliebt sich die junge Magdalena aus dem Schwarzwald in einen jungen Mann, wird dann aber gezwungen, einen viel älteren, reichen Bauern zu heiraten. Immer wieder hat Wilhelm Hasemann Bücher und Geschichten von Heinrich Hansjakob illustriert, so auch die Geschichte vom Vogt auf Mühlstein. Neben den Lithografien für den Buchdruck schuf Hasemann auch einige Gemälde zu dieser Geschichte, von denen zwei in diesem Katalog vorgestellt werden. Auf diesem Gemälde wird der Brautzug der Magdalena dargestellt. Mitten im Winter zieht die Hochzeitsgesellschaft durch den Wald zur Kirche. Vorne ist Magdalena in der traditionellen Tracht zu sehen. Geschmückt ist sie mit einer Hochzeitskrone, einem so genannten »Schäppel«. Diese bunten Kronen wurden in Heimarbeit aus verschiedenen Materialien - darunter bunte Metallplättchen, Textilien und Perlen - gefertigt. In fast jedem Dorf hatten die Hochzeitskronen andere Formen und Muster. Hochzeiten im Winter waren im Schwarzwald durchaus üblich. Da hatten die Menschen mehr Zeit, im Sommer dagegen mussten sie sich um die Feldarbeit kümmern. Die winterliche Szenerie verleiht dem Bild etwas Trauriges. Dieser Eindruck wird verstärkt durch den unglücklichen Blick Magdalenas, die gegen ihren Willen verheiratet wird. Dieses Bild und seine Geschichte dokumentiert, wie im Schwarzwald des 19. Jahrhunderts Zwangsheiraten noch gang und gäbe waren. Nicht die Liebe bestimmte die Entscheidung zu heiraten, sondern wirtschaftliche Überlegungen der Eltern. So sicherte eine ökonomisch gelenkte Heiratspolitik den oft armen Bauern das Überleben. TILMANN VON STOCKHAUSEN

Objektdaten

Literaturhinweise

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Schwarzwald Bilder :. Kunst des 19. Jahrhunderts : Städtische Galerie Karlsruhe, 3. Dezember 2016 bis 26. Februar 2017 /. Petersberg 2016, S. 240 Seiten ;.
Baumann, Joachim: Wilhelm Hasemann. Künstlerpostkarten. Schonach [u.a.] 2010, S. 42, 4.

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