Töne, Klänge und Rhythmen haben in den meisten Gesellschaften ihren festen Platz. Sie sind Ausdruck von Identität und Zugehörigkeit, dienen der Kommunikation oder der Unterhaltung. Dabei sind Instrumente und Klänge häufig auch ein Mittel um Macht auszuüben.
Bestimmte Töne oder Instrumente dürfen nur von wenigen Menschen gespielt oder gehört werden. Oft bestimmen Alter, Geschlecht oder der soziale Status einer Person, was gespielt oder gehört werden darf. Aber auch Regierungen oder Herrschende nutzen Musik als Mittel der Macht. Sie fördern oder unterdrücken Musik. Dies kann Widerstand hervorrufen. Und auch dieser kann sich die Macht der Musik zu Nutze machen. Verbotene Töne und Klänge stiften im Verborgenen Identität und Zusammenhalt. Die kulturelle Bedeutung von Musik unterliegt einem stetigen Wandel. Sie ist eng mit gesellschaftlichen Entwicklungen, aber auch mit Eroberungen und Kriegen verbunden.
Die Ausstellung der Ethnologischen Sammlung nimmt Vergangenheit und Gegenwart in den Blick. Sie lädt ein die vielfältigen Rollen von Musik und Klängen zu erkunden.
Capoeira – Tanz oder Widerstand?
Die Capoeira ist Spiel, Tanz und Kampf. Aber nicht nur – Capoeira verkörpert auch den Widerstand versklavter und nach Brasilien verschleppter Menschen aus Afrika. Im 17. Jahrhundert entwickelt, erlaubte das als Tanz getarnte und von Musik und Gesang begleitete Spiel, Kampftechniken im Verborgenen zu trainieren. Capoeira stärkte zudem den Zusammenhalt und förderte die Herausbildung einer afrobrasilianischen Identität. Bis in die Gegenwart ist Capoeira in Brasilien Ausdruck von Widerstand gegen soziale Ungleichheit und Marginalisierung.
Solo-Instrumente, die Trost spenden
Man stelle sich ein Instrument vor, das nicht speziell dafür gebaut wird, vor einem Publikum gespielt zu werden, sondern eher für sich selbst – draußen in der Natur, im eigenen Heim oder am Feuer im Kreise der Familie. Früher brauchte es dafür nicht mehr als eine Kalebasse (ein Gefäß aus dem Flaschenkürbis), etwas Holz oder einen Zweig von einem Baum, Tierhaare für die Saiten, Eisenerz für die Lamellen, Wildhonigwachs von stachellosen Bienen sowie menschliche Kunstfertigkeit, um die lieblichsten, zartesten Klangschwingungen zu erzeugen.
Die Aawambo im Norden Namibias und in Südangola bauten Okashandjas (Lamellophone), Ombulumbumbas (Chordophone) und Okahumbas (mehrsaitige Chordophone), um sich durch die Musik Trost zu spenden. Diese tragbaren Musikinstrumente wurden so gebaut, dass sie im Sitzen, im Stehen oder im Laufen gespielt werden konnten. Sowohl das Spiel auf dem Instrument als auch der Gesang dazu sind immer improvisiert. Die Musik dient der Freude, hilft in Zeiten von Einsamkeit, Trauer und innerer Einkehr, ist Lobpreisung genauso wie Unterstützung bei ausgedehnten Wanderungen junger und älterer Männer.
Ombulumbumba
Anerkannte Forschende sind überzeugt, dass der lange Name, den die Menschen diesem Instrument gegeben haben, lautmalerisch ist, d. h., der Klang des Wortes ahmt den des Instruments nach. Die Begriffe Okauta, Segwane/Segwana, Ombulumbumba und Tamaba bedeuten "kleiner Bogen" bzw. "kleiner Kürbis".
Aufbau
Das Instrument besteht aus einem gekrümmten Bogen mit abgerundeten Enden, an denen jeweils eine Saite befestigt ist. An einem Ende des Bogens befindet sich ein Resonanzkörper aus Kürbis. Der Bogen wird aus einem entrindeten Zweig hergestellt. Die Kwanyama verwenden dafür häufig Zweige des Tamboti-Baumes (Spirostachys africana). Das untere Ende des Kürbisses wird mit Sehnen oder anderen Schnüren am Bogen befestigt. Die Schnur wird durch zwei kleine Löcher an der Unterseite des Kürbisses gezogen und um den Bogen geschlungen.
Um zu viel Bewegung oder Verschiebungen zu vermeiden, kann ein Stück Stoff zwischen Kürbis und Bogen befestigt werden. Der Kürbis wirkt als Resonanzkörper, wenn er gegen die Brust oder den Bauch gedrückt wird.
Spieltechnik
Der Musiker hält das untere Ende des Instruments in seiner linken Hand. Die Öffnung des Resonanzkörpers liegt an seiner Brust oder an seinem Bauch. Der Kwanyama-Spieler hält sein Instrument in einer schrägen Position, wobei das obere Ende nach links zeigt. Sowohl zum Anschlagen als auch zum Streichen der Saite benutzen die Kwanyama einen Stock. Der Spieler kann auch Teiltöne aus den zwei Grundtönen isolieren, um eine Melodie zu erzeugen. Dafür öffnet und schließt er den Resonanzkörper unterschiedlich weit, so dass sich dessen Resonanzfrequenz verändert.
Gebrauch
Die Ombulumbumbwa wird gespielt, um sich selbst oder ein kleines Publikum zu unterhalten. So kann zum Beispiel ein Vater seine Ombulumbumbwa als Kommunikationsmedium einsetzen, um seinen Kindern beizubringen, wie sie sich in der Gemeinschaft zu verhalten haben. Er tut dies, indem er abends am Feuer im Kreise der Familie spielt.
Meistens kommt das Instrument im Kraal, der eingezäunten Weide, zum Einsatz. Der Viehhirte bzw. Herdenbesitzer spielt seine Ombulumbumbwa und lobt dabei sein Vieh. Dies ist der Grund, warum das Instrument von Männern gespielt wird.
Es bleibt festzuhalten, dass die Ombulumbumbwa Anfang der 2000er Jahre bei den Kwanyama ein sehr häufig gespieltes Instrument war.
Mbira
Die Mbira ist ein traditionelles afrikanisches Instrument mit festen Wurzeln im südlichen Afrika. Es besteht aus einem kleinen Klangbrett aus Holz, an dem unterschiedlich große, aus Metall geformte Lamellen befestigt sind. Diese Lamellen werden mit den Daumen gespielt, was es zu einer Art afrikanischem Daumenklavier macht.
In Namibia werden Lamellophone auch als Sanza oder Mbira/Mbila bezeichnet.
Von den Oshikwanyama wird die Mbira Okashandji genannt, von den Rukwangali Sisande, von den Otjiherero Otjiisandji und von den Oshindonga Okashanjia.
Aufbau
Allgemein bestehen diese Instrumente aus einem Klangbrett aus Holz, das entweder rechteckig oder oval ist. Manche sind flach, andere wiederum haben seitliche Ränder, die leicht nach oben gebogen sind. Manchmal werden die Lamellen auf einer Kürbishälfte befestigt, über deren Öffnung ein dünnes Holzbrett gelegt wird. Die Klangbretter sind häufig aufwendig mit schönen Mustern geschnitzt. In der Mitte der dem Spieler zugewandten Seite gibt es meist ein Loch, das die Resonanz fördert.
An dem einen Ende des hölzernen Klangbretts gibt es eine erhöhte Kante, auf der die hinteren Enden der Lamellen aufliegen. Ein weiterer erhöhter Holz- oder Metallsteg befindet sich etwa 2 bis 3 cm vor dem ersten Steg. Die Lamellen liegen auch auf diesem Steg.
Ein Film von Aino Moongo, 2023, Fotografie: Lydia Nghilundilua Keewende, Videoschnitt: Neige Moongo, Georgi Kovachev, Erzählung: Jackson Wahengo
Lamellophon
Die Lamellen sind schmale Streifen aus Metall (Eisen). Manchmal werden lange Nägel dafür verwendet, deren Köpfe entfernt werden. Zum Ende hin werden die Streifen flacher und breiter (dabei zeigen die losen Enden zum Spieler), und ihre Kanten sind entweder eckig oder abgerundet. Damit sie nicht kratzen, werden sie glatt gemacht. Am hinteren Ende sind die Lamellen 2 bis 3 mm dick, während sie an den Enden, an denen gespielt wird, weniger als 1 mm dick, aber etwa 3 bis 4 mm breit sind. Sie werden mit einem schmalen Metallstreifen oder einem dünnen Draht zwischen den Stegen befestigt, der von der Unterseite des Klangbretts nach oben gezogen wird, über die Lamellen verläuft und auf der anderen Seite des Klangbretts zurückgeführt wird. Dieser Vorgang wird bei jeder einzelnen Lamelle wiederholt.
Lamellophone in Namibia werden üblicherweise am vorderen Ende durch ein Sistrum (Rassel) ergänzt. Es handelt sich dabei um eine Drahtklammer, die auf der horizontalen Ebene des hölzernen Klangbretts befestigt ist. Daran werden kleine Gegenstände wie Kupfer- oder Eisenringe oder Manschetten gehängt. Normalerweise gibt es davon drei, aber ihre Anzahl mag auch von der persönlichen Vorliebe des Instrumentenbauers oder des Spielers abhängen. Diese Sistren erzeugen einen sekundären, surrenden Klang, der bei Musiker_innen in ganz Afrika beliebt ist.
Die Anzahl der Lamellen auf diesem Instrument variiert von Region zu Region. Die Okashandji der Akwanyama, die Sisande der Vakwangali und die Ndingo der Hambukushu haben mindestens 5 und höchstens 16 Lamellen. Je älter der Spieler, desto mehr Lamellen, während die Zahl der Sistren variiert.
Spieltechnik
Das Klangbrett wird in beiden Händen gehalten. Die Daumen streichen über die breiten Enden der Lamellen, manchmal werden auch die Zeigefinger genommen. Die große Okashandji-Kalebasse wird auf die Knie gelegt und das Instrument darin platziert.
Gebrauch
Der Klang von Lamellophonen ist eher leise und sanft; traditionell werden sie nur von Männern gespielt. In der Regel begleiten sie Gesang, es gibt aber auch rein instrumentale Stücke. Manchmal singt der Spieler über besondere Themen wie die Natur oder die Einsamkeit, wenn er dabei von guten Sängern begleitet wird. Lamellophone werden bei gesellschaftlichen Zusammenkünften oder auf Initiationsfeiern von Mädchen anlässlich ihrer ersten Menstruation gespielt.
Verdrängung musikalischer Vielfalt
Mit 135 vom Staat offiziell anerkannten Ethnien ist Myanmar ein Land mit einer diversen kulturellen Vielfalt. Musik und Musikinstrumente sind für viele myanmarische Gruppen Ausdruck von Identität und kultureller Zusammengehörigkeit.
Seit 1962 herrscht eine Militärdiktatur, der zahlreiche Menschenrechtsverletzungen gegen ethnische Minderheiten vorgeworfen werden. Unter anderem ist sie verantwortlich für die Verfolgung der Rohingya, einer staatlich nicht anerkannten Ethnie. Zur Stärkung des Nationalgefühls propagiert die Regierung ein nationales Kulturprogramm. Dieses orientiert sich hauptsächlich am Kulturgut der größten Ethnie, der Bamar, wodurch die reichen Musikkulturen der ethnischen Minderheiten verdrängt werden.
Tabu? Geheime und verborgene Musik
Ein Tabu bezeichnet ein Verbot, ein ungeschriebenes Gesetz, das in einer Gesellschaft verbietet, bestimmte Dinge zu tun oder von etwas Kenntnis zu haben. Auch Musik und Instrumente sind nicht immer für jede Person zugänglich. Manchmal begründen kulturelle oder religiöse Vorstellungen, warum Musikinstrumente von nur wenigen besessen, gespielt oder gehört werden dürfen. In solchen Beschränkungen spiegeln sich häufig die soziale Stellung und damit der politische Einfluss einer Person oder Gruppe wider. Aber auch Geschlecht und Alter können entscheidende Faktoren des Zugangs zu Musikinstrumenten sein.
Das Reibholzinstrument wurde ausschließlich auf Neuirland von initiierten, das heißt durch ein Ritual in den eingeweihten Kreis aufgenommenen, Männern während der Totengedenkfeiern, den Malangan, gespielt. Wenn der Spieler mit beharzten Händen über die Holzzungen rieb, erinnerte der durchdringende Klang an die Stimmen der Verstorbenen. Als geheimes Ritualobjekt durfte es niemals von Frauen gesehen werden.
Im Zuge des europäischen Kolonialismus sind die mit der Livika verknüpften Beschränkungen und Traditionen verloren gegangen.
Musik schafft Identität
Viele Töne, Rhythmen und Instrumente sind eng mit ganz bestimmten Gemeinschaften oder Gruppen verbunden. Panflöten und das Didgeridoo sind hierfür gute Beispiele. Panflöten sind seit Jahrtausenden weltweit verbreitet und werden von vielen Menschen dennoch ausschließlich der Andenregion Südamerikas zugeordnet. Didgeridoos sind dagegen heute für viele der Innbegriff der indigenen Kulturen Australiens. Allerdings wurden sie ursprünglich nur von einigen indigenen Gruppen Australiens gespielt. Auch wenn diese Zuschreibung von außen die gemeinschaftsstiftende Wirkung verstärken kann, ist es vor allem die Identifikation des Einzelnen einer Gruppe mit Tönen, Rhythmen oder Instrumenten, die das Wir-Gefühl entfaltet.
Archäologische Funde belegen: Panflöten sind im andinen Südamerika seit mehr als 4 000 Jahren in Gebrauch. Sie begleiten verschiedene Rituale im Lebenszyklus der Menschen und der Natur. Auch das gemeinsame Spielen und gleichzeitige Tanzen aller Teilnehmenden, flauta colectiva (kollektive Flöte) genannt, ist Teil von Ritualen.
Aus vielen Panflöten und Personen wird so eine Flöte und eine Gemeinschaft.
Trotz der stetigen weltweiten Beliebtheit des Didgeridoos, ist den meisten Menschen außerhalb Australiens wenig über seine zeremonielle und spirituelle Bedeutung bekannt.
Das mehrere Tausend Jahre alte Instrument wird den Yolngu im Nordosten Australiens zugeschrieben. Dessen ungeachtet wurde es auch von anderen indigenen Gruppen des Landes adaptiert und ist heute ein Symbol der geteilten Identität für die Aboriginal- und Torres-Strait-Insulaner_innen.
Seit Jahrhunderten gespielt: Gamelan auf Java und Bali
Das Gamelan-Orchester ist ein Instrumentalensemble aus Indonesien, Südostasien. Seinen Ursprung hat es an den javanischen Fürstenhöfen, wird heute aber in weiten Teilen der Gesellschaft gespielt. Das Gamelan unterscheidet sich je nach religiöser Ausrichtung und Region: Auf der hinduistisch geprägten Insel Bali kann es von Tanz begleitet werden und ist Teil von Totenritualen. Auf der mehrheitlich muslimischen Insel Java untermalt es das Schattenspiel Wayang Kulit.
Die Instrumente wie auch die von ihnen erzeugten Klänge werden mit dem Weiblichen oder Männlichen assoziiert. Sie spiegeln damit traditionelle lokale Geschlechterrollen wider, die in der indonesischen Gesellschaft zunehmend kritisch hinterfragt werden. So findet sich heute das Gamelan nicht nur in traditionellen Kontexten, sondern auch in der Popmusik wieder. Das Gamelan ist seit 2021 Teil des immateriellen Weltkulturerbes der UNESCO und erfährt dadurch global neue Aufmerksamkeit.
Unterhaltung mit Botschaft
Das Wayang Kulit ist ein Schattenspiel, welches besonders auf Java vom Gamelan begleitet wird. Es visualisiert Geschichten aus dem hinduistischen Mahabaratha, das in über 200.000 Versen verschiedene Philosophien, Mythen, Kriegs- und Liebesgeschichten erzählt.
In der Zeit der Islamisierung Javas unter der Regierung Raden Patah (um 1475) wurde das Wayang Kulit als friedliche Methode genutzt, dem indonesischen Volk den islamischen Glauben zu vermitteln.
Wie die Gamelan-Instrumente und Miniaturen in die Ethnologische Sammlung eingingen
Viele der hier gezeigten Objekte stammen von Hugo Ficke, Museumsmitbegründer und zeitweise ehrenamtlicher Leiter des damaligen Museums für Natur- und Völkerkunde. Hugo Ficke erwarb die Objekte während einer Reise nach Java im Jahr 1909. Zu dieser Zeit war Java Teil der niederländischen Kolonie Niederländisch-Ostindien, heute Indonesien. Einige der mitgebrachten Instrumente verkaufte oder schenkte Hugo Ficke dem Museum direkt nach seiner Rückkehr, andere gingen nach seinem Tod 1912 als Vermächtnis in die Sammlung ein.
Weitere in der Ausstellung gezeigte Gamelan-Instrumente oder Miniaturen gelangten zum Beispiel 1907 über die Niederländisch-Indische Vereinigung "Ost-West" in die Sammlung.
Die hier zum Gamelan gezeigten Ausstellungsobjekte wurden unter kritisch zu hinterfragenden kolonialen Machtverhältnissen beschafft. Provenienzforschungsprojekte versuchen, die konkreten Erwerbskontexte zu rekonstruieren.
Damals wurden unzählige Objekte als Andenken, Belegstück der Geschichte, Forschungsobjekt oder Handelsware gesammelt. Die Mitnahme von Objekten aus den kolonial besetzten Gebieten artete in eine regelrechte Sammelwut aus. Bis heute befinden sich in deutschen ethnologischen Museen viele Güter aus kolonialen Kontexten. Auch wenn so manche Sammlung unter fairen Verhältnissen angekauft wurde, lässt sich nicht abstreiten, dass ein großer Teil nur aufgrund ungleicher Machtverhältnisse beschafft werden konnte.
Macht des Übernatürlichen
Heute sind Gefäßrasseln vor allem als Percussion-Instrumente in karibischen und lateinamerikanischen Musikstilen bekannt. Son, Mambo, Salsa, Merengue und andere zum Teil weltweit bekannte Musikstile werden von Gefäßrasseln begleitet.
In indigenen Gemeinschaften, speziell in den sogenannten Tieflandregionen im Norden Lateinamerikas, wurden und werden Rasseln in Ritualen genutzt. Insbesondere bei der Krankenheilung verwenden Heiler und andere, vielfach als Schamanen bezeichnete magische Experten Rasseln, um ihre Kranken zu reinigen, sich in Trance zu versetzen und mit übernatürlichen Wesen zu kommunizieren.
Die Heiler und magischen Experten der in Venezuela und Kolumbien ansässigen Guahibo-Gruppen nutzen Gefäßrasseln unter anderem zur Krankenheilung. Krankheiten werden in der Vorstellung der Guahibo durch schlechte Mächte oder den Einfluss eines magisch-kundigen Feindes verursacht. Im Zustand der Trance kann der Heiler die Krankheit aufspüren und aus dem Körper der Erkrankten entfernen.
Töne und Klänge als Kommunikationsmittel
Nicht nur bei der Übermittlung von Informationen, Signalen oder Botschaften spielt Musik eine wichtige Rolle. Auch als Ausdruck von Gefühlen erfüllt sie eine kommunikative Funktion. Wenn Worte nicht ausreichen, kann Musik Liebe, Trauer oder Wut vermitteln.
Obwohl die emotionale Reaktion auf Musik kulturspezifisch geprägt ist, gibt es Musikinstrumente, die kulturübergreifend in gleichartigen Kontexten verwendet werden. Als eine Art Sprachersatz bei der Liebeswerbung scheint sich zum Beispiel in manchen Gegenden die Maultrommel etabliert zu haben.
Im alpenländischen Raum war jahrhundertelang das "Fensterln" als Form der Liebeswerbung bekannt. Nachts vor dem Fenster der begehrten Frau offenbarte der junge Mann mithilfe von Gedichten und dem Spiel der Maultrommel seine tiefe Zuneigung. Die katholische Kirche verbot das Instrument Mitte des 19. Jahrhunderts für zwei Jahre, da sie ihm eine "erotisierende" Wirkung zuschrieb. Heutzutage ist das Fensterln nicht mehr üblich, Maultrommeln werden aber noch immer hergestellt.
Die Sarangi ist eines der am weitesten verbreiteten traditionellen Streichinstrumente Indiens. Die bis zu 38 Saiten werden mit einem Bogen gespielt. Ihr Klang ähnelt dabei der menschlichen Stimme, wodurch ihr eine hohe Virtuosität und Emotionalität zugeschrieben wird.
In muslimischen Gebieten Nordindiens und in Pakistan wird das Instrument heute noch von sogenannten "Vererbten Berufsmusikern" von Generation zu Generation weitergegeben. Jedoch sinkt die Zahl der Spieler immer mehr, mitunter auch wegen des geringen Ansehens, das mit dem Instrument verknüpft wird, da es häufig den Gesang von Kurtisanen begleitete. Kurtisanen waren Frauen, die in adligen und hochbürgerlichen Kreisen Liebesdienste zur Verfügung stellten.
Ingoma - die Trommeln Burundis
Die Trommeln Burundis hatten und haben eine herausragende Bedeutung für die burundische Nation. Einige wurden in der Zeit der Monarchie bis 1966 als heilig und königlich betrachtet, weil sie eine ganz besondere Funktion und Rolle ausübten. Sie symbolisierten die monarchische Legitimität und wurden nur zu bestimmten Anlässen, z. B. Aussaat- und Erntefeiern, und von speziell ausgebildeten Batimbo-Trommlern geschlagen. Ihnen wurde zugeschrieben, den göttlichen Schutz für König und Land zu garantieren. Die kultische Verehrung der Trommeln wurde durch die Christianisierung Burundis vor ca. 100 Jahren beendet. Neben diesen königlichen Trommeln gab es andere – die einzigen, die heute noch gespielt werden –, die nur zum Tanzen gedacht sind. Die burundischen Trommeln verkörpern seit jeher eine Art mystische Verbindung zwischen dem Land und seinen Menschen, die sie als grundlegendes Element ihrer Identität betrachten.
2014 wurden die Trommeln Burundis von der UNESCO als immaterielles Kulturerbe der Menschheit anerkannt. Drei Jahre später unterzeichnete der frühere burundische Präsident Pierre Nkurunziza ein Dekret, das das Spielen der Trommeln bei inoffiziellen Zeremonien untersagt.
Aufnahme beim Burundi Tag, Solingen 2019
Zur Verfügung gestellt und bearbeitet von Sylvère Bigirimana.
Amashako
Bechertrommel
Diese Trommel wird in Burundi zu Tänzen gespielt. Bei den Trommeltänzen schlagen fünf bis 20 Trommler Instrumente verschiedener Größe und zeigen dazu akrobatische Choreographien mit symbolischer Bedeutung. Die ausgestellte Trommel, Amashako genannt, erzeugt einen mittleren Ton und wird meist durch drei oder vier Instrumente repräsentiert. Sie wurde in Burundi aus einer seltenen, nur zum Trommelbau verwendeten Baumart angefertigt und mit Rinderfell bespannt.
Die burundische Trommelgruppe Akaranga kaufte das Instrument und ließ es mit weiteren Trommeln von Burundi nach Freiburg transportieren. Die Amashako ist bei Festen und Veranstaltungen zu hören.
Weitere Trommeln aus verschiedenen Weltregionen
Die Trommel ist eines der ältesten Musikinstrumente der Menschen. Obwohl sie in allen Kulturen der Welt in unzähligen Bau- und Spielweisen zu finden ist, wird sie oft mit dem afrikanischen Kontinent verknüpft. Solche stereotypen Vorstellungen haben ihren Ursprung oftmals in der Kolonialzeit.
Trommeln spiegeln in ihrer vielseitigen Verwendung, ihrem Klang und Aussehen die Traditionen und die Geschichte der jeweiligen Kulturen wider. Heute sind sie in den meisten Musikstilen verbreitet und eines der wichtigsten Instrumente der Weltmusik.
Musikwissenschaftlich gehören Trommeln zu den Membranophonen. Ihr Klang wird durch das Schlagen auf eine aufgezogene Schwingmembran, meist Tierfell oder -haut, erzeugt. Einige Idiophone, wie die hier gezeigte Schlitztrommel, werden auch als Trommeln bezeichnet.
Faszination Rahmentrommel
Rahmentrommeln gehören zu den ältesten Instrumenten der Welt. Darstellungen aus Mesopotamien zeigen schon 3 000 v. Chr. Frauen, die eine Rahmentrommel in beiden Händen halten. Früher im sakralen Bereich verankert, werden sie bis heute gespielt, sind in Jazz, Pop, Schul-, Orchester- und Weltmusik zuhause und mit 220 verschiedenen Typen weltweit verbreitet.
Rahmentrommel – eine Tradition im Wandel
Ein Film porträtiert die lebende "Rahmentrommel-Legende", den US-amerikanischen Musiker Glen Velez. Er hat innerhalb weniger Jahrzehnte eine neue Rahmentrommel-Tradition erschaffen – und das in einer analogen Zeit ohne Social Media oder Youtube.
Videoschnitt: Murat Coşkun
Daf/Erbane
Rahmentrommel
Traditionell ist die Daf im Sufismus zu Hause, heutzutage wird sie auch in populären Musikrichtungen eingesetzt.
Die Innenseite ihres Rahmens ist mit unzähligen kleinen Metallringen versehen. Durch bestimmte Spieltechniken – wie "Schütteln" oder "Schleudern" – wird der Klang des Instruments verstärkt. Durch neue Spielweisen werden groovige Shaker-Effekte erzeugt.
Die moderne Daf ist leichter als traditionell gebaute Instrumente und bietet eine Stimmmöglichkeit mit einem pneumatischen Stimmsystem, bei dem ein Schlauch zwischen Fell und Holzrahmen die Spannung erhöhen bzw. verringern kann.
Timbila und Tikhongo - Schlagstabspiel mit Schlägeln
In Begleitung von Tanz, Gesang und Trommeln spielen die Chopi Konzerte mit bis zu 20 Schlagstabspielen simultan. Diese komplexen Orchester sind wichtige Stützpfeiler der Unterhaltung. Die begleitenden Texte behandeln gesellschaftliche und politische Themen, oft in einem humorvollen Ton. 2008 stufte die UNESCO die Timbila als immaterielles Weltkulturerbe ein.
Signalübermittlung
Musik- und Klanginstrumente erzeugen akustische Signale, die Botschaften enthalten können. Sowohl Takt als auch Rhythmus- oder Tonfolgen geben Aufschluss über den Inhalt der Nachricht. Daneben ist die Lautstärke eines Signalinstruments von Bedeutung. Daher werden primär Schlaginstrumente wie Trommeln oder Blasinstrumente zur Signalübermittlung benutzt. Über weite Distanzen können so beispielweise Warnhinweise zu Gefahrensituationen (wie Krieg oder Notfälle), Ankündigungen oder Anweisungen kommuniziert werden.
Dank an
Der Ausstellungsbereich, die Texte und das Video zu den namibischen Musikinstrumenten wurden von Aino Moongo mit Unterstützung von Lydia Keewende Nghilundilua erarbeitet. Aino Moongo ist eine namibische Kuratorin ansässig im Iwalewahaus der Universität Bayreuth. Seit 2010 begleitet sie das Rechercheprojekt "Stolen Moments. Namibian Music History Untold", welches sich mit der vergessenen Populärmusik Namibias aus der Zeit vor seiner Unabhängigkeit beschäftigt. Seitdem kuratiert sie die dazu gehörige Ausstellung, die bereits in Basel, Berlin, London, Stuttgart und Windhoek zu sehen war.
Der Ausstellungsteil zu Gamelan auf Java und Bali wurde von Studierenden des Instituts für Ethnologie der Albert-Ludwigs-Universität gestaltet. Unter der Leitung von PD Dr. Ingo Rohrer und Mitarbeitenden des Museums Natur und Mensch wurden die Objekte ausgewählt, recherchiert, Themenschwerpunkte gesetzt und Texte verfasst. Die Studierenden machten sich so mit den Herausforderungen der Museumsarbeit und der Ausstellungsgestaltung vertraut. Am kollaborativen Seminar beteiligten sich: Nina Fietzeck, Mira Fischer, Jasmin Hartmann, Franziska Obenaus, Jan Sander und Shivani Vicknaswaran.
Die Texte zur Ingoma-Trommel und zum Hörbeispiel wurden von Sylvère Bigirimana verfasst. Der in Burundi geborene und aufgewachsene Diplom-Pädagoge lebt seit 25 Jahren in Freiburg. Sylvère Bigirimana ist Mitglied der Trommelgruppe Akaranga und engagiert sich in verschiedenen burundisch-deutschen Vereinen.
Die Texte zur Rahmentrommel und zum Video wurden von Murat Coşkun verfasst. Der international renommierte Musiker vermittelt zwischen musikalischen Welten in den Bereichen World Percussion, Klassik, Alte Musik, Jazz und Neue Musik. Seine Konzerte führen ihn um die ganze Welt, ob als Solist, in Ensembles oder Orchestern. Murat Coşkun ist ebenso als Studiomusiker, Komponist, Autor und Pädagoge tätig. Er leitet seit 2015 die World Percussion Abteilung der Popakademie (Mannheim) und ist Gründer und künstlerischer Leiter des Tamburi Mundi Festivals in Freiburg.